Am 1. Januar 2009 wurde die europäische Gemeinschaftswährung „Euro“ zehn Jahre alt. Auch wenn es angesichts der Finanzkrise an den internationalen Kapitalmärkten derzeit wahrlich keinen Grund zum Feiern gibt, sollten sich die Europäer – und speziell die Deutschen – bewusst sein, was sie am Euro haben – gerade jetzt, in der Krise.
Zehn Jahre ist es nun her, dass in den damals elf Gründungsmitgliedern der Euro-Zone die jeweils nationalen Währungen formell auf die europäische Gemeinschaftswährung umgestellt wurden. Auch wenn viele Bürger den Währungswechsel erst mit der augenfälligen Einführung des Euro-Bargeldes Anfang 2002 verbinden, erfolgte doch der entscheidende Schritt schon zu Beginn des Jahres 1999: Die Wechselkurse der ehemals nationalen Währungen der Teilnehmerländer – und damit ihr Umrechnungskurs zum Euro – wurden unwiderruflich festgeschrieben; die gemeinsame Währung, wenn auch zunächst nur als „Buchgeld“, war geboren. Die Feierlichkeiten anlässlich des zehnten Jahrestages der Euro-Einführung fielen recht bescheiden aus, was aber sicher nicht daran lag, dass der Euro keine ansehnlichen Erfolge vorzuweisen hätte. Eher schon an der noch immer kritischen Situation an den Finanzmärkten und der zunehmend schwierigen gesamtwirtschaftlichen Lage, die wirkliche Feierlaune nicht rechtaufkommen lässt.
Allerdings kann der Euro für die augenblicklichen Probleme gewiss nicht verantwortlich gemacht werden. Im Gegenteil: Er hatte nicht nur Anteil an der wirtschaftlichen Aufwärtsbewegung in den zurückliegenden Jahren , sondern hilft nun auch die Auswirkungen der Finanzmarktkrise abzufedern. Ohne den Euro wäre es mit großer Wahrscheinlichkeit zu massiven Abwertungen einzelner Landeswährungen gekommen, mit der nicht geringen Gefahr von Währungskrisen, die die Situation zusätzlich verschlimmert hätten.
Solche Szenarien sind bislang ausgeblieben, und auch in „normalen“ Zeiten, also den zumindest nicht krisengeschüttelten Jahren zuvor, hat sich der Euro erfolgreich bewährt. So konnte sich die europäische Währung neben dem USDollar inzwischen als zweitwichtigste Weltwährung etablieren, in einigen Bereichen, wie etwa bei den für den internationalen Markt bestimmten Anleihen, hat sie den Dollar mittlerweile sogar überflügelt.
Vor allem aber auf dem Gebiet der Geldwertstabilität kann der Euro – und mit ihm die Europäische Zentralbank (EZB) als „Hüterin“ des europäischen Geldes – eine eindrucksvolle Bilanz vorweisen.
Die Preisstabilität zu gewährleisten ist nach dem EU-Vertrag von 1992 das vorrangige Ziel des Europäischen Systems der Zentralbanken, dessen Kern die EZB bildet. Eindeutig festgeschrieben ist auch die Unabhängigkeit der EZB: Danach darf weder diese selbst noch eine nationale Zentralbank noch ein Mitglied ihrer Beschlussorgane Weisungen von Organen oder Einrichtungen der Gemeinschaft, Regierungen der Mitgliedstaaten oder anderen Stellen einholen oder entgegennehmen. Damit finden sich zwei Kernelemente der alten bundesdeutschen Währungsverfassung – die Sicherung der Geldwertstabilität als vorrangiges Ziel und die Autonomie der Zentralbank – in der europäischen Währungsordnung wieder.
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Auf dieser Grundlage hat die EZB im ersten Jahrzehnt ihres Bestehens gute Arbeit geleistet. Denn sie hat die Inflationsrate im Euroraum meist eng an dem ihr vorgegebenen Zielwert von „unter oder nahe zwei Prozent gegenüber dem jeweiligen Vorjahr“ gehalten. So lag die Preissteigerung in den Ländern der Euro-Zone im Mittel der Jahresdurchschnitte von 1999 bis 2007 bei 2,04 %. Auch wenn der Wert für 2008 – insbesondere wegen des kräftigen Auftriebs der Energie- und Rohstoffpreise – höher liegen dürfte, ist die geldpolitische Leistung der EZB dennoch beachtlich. Selbst zu D-Mark Zeiten hat es nämlich weder in Deutschland noch in Europa über eine derart lange Zeit eine so niedrige Inflation gegeben. Der hin und wieder geäußerte Vorwurf, der Euro sei in Wahrheit ein „Teuro“, ist vor diesem Hintergrund gewiss nicht gerechtfertigt.
Erfolg zieht an. So erstaunt es nicht, dass mehr Staaten den Euro im eigenen Land einführen wollen. Neben den elf Gründungsmitgliedern Belgien, Deutschland, Finnland, Frankreich, Irland, Italien, Luxemburg, Niederlande, Österreich, Portugal und Spanien gehören mittlerweile auch Griechenland (seit 2001), Slowenien (seit 2007), Malta und Zypern (beide seit 2008) sowie seit Jahresbeginn – pünktlich zum zehnten Geburtstag des Euro – die Slowakei der Europäischen Währungsunion an. Damit ist der Euro heute in 16 der 27 Staaten der Europäischen Union offizielles Zahlungsmittel. Und weitere Länder wollen folgen; gerade jüngst hat beispielsweise die polnische Regierung ihr Interesse daran erkennen lassen, den Euro möglichst bald im eigenen Land einzuführen.
Die Freude über die bisherige Erfolgsgeschichte des Euro darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Gemeinschaftswährung nicht alle der bei ihrer Einführung gehegten Erwartungen erfüllt hat. So wies gerade jüngst die Deutsche Bundesbank darauf hin, dass die anfangs von ihr erhoffte Katalysatorwirkung für wirtschaftpolitische Reformen in den Teilnehmerländern weitgehend ausgeblieben sei. Der Wegfall des Währungswettbewerbs, so die Bundesbank, mindere keineswegs die Notwendigkeit von Reformen und die gemeinsame Währung beseitige auch nicht unerledigte heimische Strukturprobleme quasi von selbst. In diesem Bereich mahnt die Bundesbank deshalb zu künftig größeren Anstrengungen – eine Aufgabe, die mit Blick auf das rezessive weltwirtschaftliche Umfeld im Augenblick nicht leichter, aber umso notwendiger geworden ist.
Quelle: Bundesverband deutscher Banken 2009
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